Ein Gütersloher Startup digitalisiert die Baustellenlogistik, verbrennt dabei Millionen und verweist auf künftige Marktführerschaft. Doch die Hoffnung auf Skaleneffekte stößt an die physischen Grenzen eines fragmentierten Marktes.


Das Muster ist aus unzähligen Investorenpräsentationen bekannt: Erst Marktanteile gewinnen, dann Profite einfahren. Amazon hat es vorgemacht[1]Um welche Art Unternehmen handelt es sich bei Amazon?, und seither rechtfertigt dieses Narrativ jede noch so verlustträchtige Expansion. Schüttflix, ein 2019 gegründetes Startup aus Gütersloh, folgt diesem Drehbuch mit bemerkenswerter Konsequenz. Die digitale Plattform für Schüttgut-Logistik vermittelt Kies, Sand und Entsorgungsleistungen an Baustellen. Der Umsatz stieg von 49 Millionen Euro im Jahr 2021 auf geschätzte 190 Millionen Euro 2024. Die Verluste blieben dabei hartnäckig: 18,9 Millionen Euro Jahresfehlbetrag allein im vergangenen Jahr, nach 26,6 Millionen Euro 2022 und 16,1 Millionen Euro 2021.

Die Geschäftsführung spricht von Fortschritt, schließlich sinken die Verluste relativ zum Umsatz. Für 2025 werden über 250 Millionen Euro Umsatz angepeilt, durch Akquisitionen und Partnerschaften. Rund 100 Millionen Euro haben Investoren wie Speedinvest, HV Capital und Molten Ventures bereits in das Unternehmen gesteckt. Die Kapitalrücklagen beliefen sich Ende 2023 auf 96 Millionen Euro. Geld ist also vorhanden. Die Frage ist, ob es reicht, um das Modell zur Profitabilität zu führen.

Die Hoffnung auf Skaleneffekte

Das Amazon-Modell funktionierte, weil Netzwerkeffekte in einem globalen Markt die Grenzkosten gegen null drücken konnten. Jeder zusätzliche Kunde machte die Plattform für alle anderen wertvoller, jede zusätzliche Transaktion verteilte die Fixkosten auf eine breitere Basis. Der Baustoffmarkt hat diese Eigenschaften nicht. Jede Tonne Kies muss physisch transportiert werden, von lokalen Lieferanten zu lokalen Baustellen. Die Plattform kann Transaktionskosten senken und Disposition vereinfachen, aber sie kann die physischen Realitäten nicht aufheben.

Die Zahlen deuten nicht auf kommende Skaleneffekte hin. Mit einer Rohertragsmarge von lediglich vier Prozent erwirtschaftet Schüttflix kaum mehr als eine Vermittlungsprovision. Der Umsatz hat sich seit 2021 fast vervierfacht, doch die Verluste sind nicht im gleichen Maße geschrumpft. Wenn Größe automatisch zu Effizienz führen würde, müsste dieser Effekt nach sechs Jahren Betrieb und 190 Millionen Euro Umsatz sichtbar werden. Er ist es nicht.

Die Flucht na…