Mercedes Benz prüft derzeit den Verkauf der konzerneigenen Autohäuser. Betroffen wären von dem Schritt ca. 8.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.[1]Mercedes-Benz prüft Verkauf konzerneigener Autohäuser Als Käufer kommen u.a. Investoren und andere, mehr oder weniger freie Mercedes Benz – Autohäuser infrage.

Damit würde Mercedes dem Beispiel anderer Autohersteller folgen, die ebenfalls keine eigenen Autohäuser (mehr) unterhalten. Der Vertrieb, so die Einschätzung zahlreicher Branchenexperten, werde künftig ohnehin Online abgewickelt, wie das heute bei Tesla bereits der Fall ist. Sofern sich das E-Auto durchsetzt, wird der Bedarf an Werkstätten, die häufig an die Autohäuser angegliedert sind, abnehmen. Wegen der geringeren Anzahl an (Verschleiß-)Teilen ist hier der Bedarf deutlich kleiner.

Unter den Mercedes Benz – Autohäusern hat in den vergangenen Jahren bereits ein beachtlicher Konzentrationsprozess stattgefunden. Exemplarisch dafür ist der größte Mercedes Benz – Servicepartner in Deutschland, die LUEG AG  in Bochum.

1868 als Wagenfabrik in Bochum gegründet, hat sich Lueg bis heute zu einer Automobilhandelsgruppe mit 32 Standorten in Deutschland, Schweiz und Polen entwickelt. Neben dem klassischen Autohausgeschäft entwickelt und realisiert die Lueg-Gruppe Mobilitätsdienstleistungen, allen voran in den Bereichen Flotten-Schadenmanagement sowie Fahrzeug-Aufbauten für Nutz- und Ambulanzfahrzeuge. Zudem beteiligt sich Lueg am Batterie-Recycling[2]Wikipedia

Mitte vergangenen Jahres degradierte Mercedes Benz seine Händler zu Agenten. In dem Zuge wurde die IT vereinheitlicht. Seitdem befindet sich die Hoheit über die Kundendaten der 94 Händler in der Hand von Mercedes Benz[3]Mercedes krempelt Vertrieb in Deutschland radikal um.

Die großen Autohäuser versuchen auf die sich ändernden Marktbedingungen und ihre schwindende Verhandlungsmacht mit neuen Konzepten zu reagieren, so wie die Beresa-Gruppe, die am Flughaben Münster-Osnabrück ein Airport Center für Gebrauchtwagen betreibt. “Dafür habe man die gebündelte Online-Kompetenz der 18 Standorte an zwölf Arbeitsplätze in Greven verlegt. Daher: „Sales Satellite“ (Verkaufs-Satellit). Die Fahrzeuge werden in die Online-Börsen gestellt, vermarktet – und wenn sie verkauft werden, dann können die Kunden sie direkt im Airport Center abholen. Unter Umständen ausgestattet mit einem Hinflug-Ticket”[4]Konzentration für die Online-Welt. Laut Jens Ulrichs, Leiter Retail Markenauftritt und Zukunftsprojekte bei Mercedes,werden die realen Autohäuser künftig schrumpfen und zu Erlebniswelten rund um Automobilität werden[5]Übrigens: Der erste Autobauer, der die Bedeutung der Werkstätten für die Markenbildung erkannte, war André Citroën: “Im Jahr 1922 umfaßte das Vertriebsnetz 295 Vertragshändler, das sich … Continue reading.

Der Konzentrationsprozess unter den Autohäusern wird sich in den nächsten Jahren fortsetzen. “Sehr deutlich wird die Verschiebung des Pkw-Marktes hin zu den großen Gruppen beim Blick auf die Umsatzentwicklung. Laut dem Händlergruppen-Monitor legte der Umsatz der Top-100-Unternehmen von 2021 auf 2022 um 14,7 Prozent zu. Der prozentuale Anstieg fällt damit fast fünfmal so groß aus wie in der Gesamtbranche. Dort betrug er laut Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe 3 Prozent[6]Die Großen werden immer größer.

Auf Dauer werden mittelständische, inhabergeführte Mercedes Benz – Autohäuser dem Druck nicht mehr standhalten und in die Hände der Großen übergehen bzw. sie von Mercedes den Großen in den Arme getrieben. Sie verfügen weder finanziell noch personell über die nötigen Mittel. Häufig fehlt es an der Effizienz und Struktur in den Abläufen. Das liegt auch daran, dass sie keine entsprechenden Skaleneffekte erzielen können. Hinzu kommt, dass die kleinen Autohäuser als Arbeitgeber für qualifiziertes und ambitioniertes Personal nicht besonders attraktiv sind – noch dazu auf dem Land.

Aber auch die Großen werden noch mehr an die kurze Leine genommen und dem Renditedruck der Mercedes Benz Group unterworfen, die ihrerseits Druck von den Investoren und Aktionären bekommt, zumal die Luxusstrategie bislang nicht wirklich die gewünschten Erfolge gebracht hat. Und im Hintergrund drängen die Chinesen, Tesla & Co. Mercedes Benz wird immer mehr zum reinen Montagebetrieb ohne ausreichende Digitalkompetenz und ohne eigene Batterieproduktion. Da ist es schon schwer genug, den Status als Premiummarke zu behaupten, ganz zu schweigen von Luxus im Sinne von Hermes. Aber das ist ein anderes Thema.

References

References
1 Mercedes-Benz prüft Verkauf konzerneigener Autohäuser
2 Wikipedia
3 Mercedes krempelt Vertrieb in Deutschland radikal um
4 Konzentration für die Online-Welt
5 Übrigens: Der erste Autobauer, der die Bedeutung der Werkstätten für die Markenbildung erkannte, war André Citroën: “Im Jahr 1922 umfaßte das Vertriebsnetz 295 Vertragshändler, das sich über ganz Frankreich erstreckte. “Von diesem Jahr an bestand Citroën auf Exklusivvertretungen, was von der Mehrzahl der Händler sofort akzeptiert wurde. Dort, wo er noch nicht vertreten war, ließ Citroën eindrucksvolle Niederlassungen errichten, wie zum Beispiel 1922 in Evreux. Zur Ergänzung richtete er überall in Frankreich Ersatzteillager ein – fast 1000 – um die Reparaturzeiten zu verkürzen. Ebenfalls zu diesem Zweck erfand er 1924 die Austauschreparatur, die darin bestand, abgenutzte oder beschädigte Motoren oder andere Teile sofort durch überholte Motoren oder Teile desselben Typs Zu ersetzen. Außerdem veröffentlichte er eine Reparaturpreisliste. Die Tarife waren von einer Kommission erstellt worden, die größtenteils mit Vertragshändlern besetzt war, den Hauptinteressenten. 1923 hatte er bereits einen Ersatzteilkatalog veröffentlicht, dessen rationelles Numerierungssystem Bestellung und Abrechnung wesentlich vereinfachte. Das erste Reparaturwörterbuch folgte wenig später”.

Durch seine gezielte “Markenpflege” konnte Citroën seinen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz halten und sogar ausbauen: “Umgeben von einem Netz erstklassiger Händler war es ihm gelungen, ein Markenbewußtsein zu schaffen, das er mit der ihm eigenen Einsatzbereitschaft persönlich förderte. Neben dem jährlich zum Automobilsalon stattfindenden großen Bankett versammelte er seine Vertragshändler mehrmals pro Jahr im großen Sitzungssaal von Javel. Er hörte sie an, folgte ihrem Rat und verstand es, auf sie einzugehen. Wenn sie dann in ihre Provinzen zurückfuhren, waren sie bereit, für ihn Berge zu erklimmen. Sie wurden regelmäßig von reisenden Inspektoren besucht, Citroëns Husaren, die dem Werk täglich Bericht erstatteten, Diese wurden gemeinsam mit den Vertriebsleitern der Vertretungen in einer von Citroën gegründeten Verkäuferschule ausgebildet, wo man lernte, daß es nicht mehr genügte, wie früher einfach auf den Kunden zu warten, sondern daß es notwendig war, das zu betreiben, was man “systematische Kundenwerbung” nannte … Ab Januar 1924 wurde das Vertriebsnetz durch eine illustrierte attraktivem, farbigem Umschlag, dem Bulletin Monatsschrift mit Citroën, regelmäßig über alle das Unternehmen betreffenden Neuigkeiten informiert. Außerdem gab diese Zeitschrift wertvolle Ratschläge zur Verkaufsförderung, zur Lösung von mechanischen Problemen oder zur Einrichtung von Ausstellungsräumen und jedes Heft stellte einen besonders erfolgreichen Citroën-Vertreter vor. Ab 1922 schickte Citroën Werbekarawanen durch ganz Frank- reich, die sämtliche Modelle der Marke präsentierten und die Möglichkeit zu Probefahrten vor Ort boten. Etwas Vergleichbares hatte man in den Kleinstädten und auf dem Lande noch nie gesehen. Der “Citroën-Zirkus” (wie Renault das Konzept nannte, bevor er es nachahmte) war eine mehrtägige Werbeveranstaltung mit Musik, Broschüren, Autos, Fotoausstellungen usw., die in allen Regionen stattfand. In den Schulen fiel der Unterricht aus, damit die Kinder sich die Citroëns ansehen konnten”, in: André Citroën

6 Die Großen werden immer größer