Seit Jahren erleben wir eine Krise nach der anderen. Es scheint so, als könnte die Welt diesem Teufelskreis nicht entfliehen. Alle Maßnahmen haben bisher nur eine vorübergehende Linderung gebracht. Am Kern des Problems vermochten sie nichts zu ändern. Mit ihrem Buch Permacrisis. Wie wir dem Teufelskreis aus Krisen, Kriegen und Katastropen entkommen, wollen die Autoren, Gordon Brown (ehemaliger Schatz- und Premierminister Großbritanniens), Mohamed A. El Erian (ehemalige Chef von Pimco und heute Chief Economic Advisor der Allianz) und Michael Spence (Wirtschaftsnobelpreisträger) einen Ausweg aufzeigen.
Permakrise: eine längere Periode der Instabilität und Unsicherheit, insbesondere als Folge von katastrophalen Ereignissen.
Die Lösung ist für die Autoren ein neues Wachstumsmodell. Dieses wird getragen von einem neuen Modell der Konjunktursteuerung und einem neuen Rahmen für das Management der Globalisierung und der globalen Ordnung. Der Schwerpunkt beim wirtschaftlichen Wachstum müsse auf mehr inklusivem und nachhaltigem Wachstum liegen. Das neue Wachstumsmodell erkennt die Endlichkeit der Ressourcen ebenso an wie es neue Technologien dazu verwendet, die Welt besser zu machen und die Produktivität zu steigern, ohne die Menschen zu ersetzen. Parallel dazu geht es von einer Angebotsbeschränkung auf den Weltmärkten aus. Durch gemeinsame koordinierte Maßnahmen, gestützt auf anerkannte Institutionen wie den IWF, sorgen die Länder dafür, dass die Weltwirtschaft nicht in einzelne Blöcke mit unterschiedlichen Ideologien zerbricht, die gegeneinander und nicht miteinander arbeiten.
Infolge von Corona, geopolitischer Spannungen, sinkender Produktivität und einer partiellen Deglobalisierung ist es auf den Weltmärkten zu einer Angebotsbeschränkung gekommen, die wiederum zu steigender Inflation geführt hat. Die Angebotsseite ist nicht in der Lage, den Anstieg der Gesamtnachfrage zu befriedigen. Die Zentralbanken versuchen mit Zinssteigerungen gegenzusteuern. Für den Wirtschaftsnobelpreisträger W. Arthur Lewis ist diese Konstellation für aufstrebende Volkswirtschaften ein Wendepunkt, an dem sich entscheidet, ob neue Wachstumsmodelle und Quellen des Produktivitätswachstums gefunden werden. Anderenfalls tappen sie in die sog. Falle des mittleren Einkommens. Dies will die chinesische Regierung mit allen Mitteln vermeiden, woraus sich u.a. erklärt, weshalb die chinesische Automobilindustrie die Märkte mit ihren E-Autos überschwemmt.
Die seit Jahren stagnierende und z.T. rückläufige Arbeitsproduktivität, zumindest der westlichen Industrieländer, führten die Autoren auf die nicht-handelbaren Dienstleistungen, wie in der Gastronomie, zurück. Im verarbeitenden Gewerbe und bei den handelbaren Dienstleistungen sei die Produktivität dagegen hoch. Ziel müsse es daher sein, die Produktivität der nicht-handelbaren Dienstleistungen mit KI und Automatisierung zu erhöhen. Anders sei dem Arbeitskräftemangel in diesen Bereichen nicht zu begegnen.
Bei aller Kritik an einzelnen Maßnahmen, so hätten die Finanzkrise von 2007/2008 und die Corona-Pandemie gezeigt, dass koordinierte Aktionen der Länder das Schlimmste vermeiden können. Allerdings sei der Preis hoch gewesen. Durch die Bereitschaft der Länder, als Retter in der Not aufzutreten, hätten sich die Märkte an billiges Geld gewöhnt. Dies habe zu einer Schwächung der Widerstandsfähigkeit des Finanzsysteme geführt, indem die Verlagerung von Finanzrisiken in das Schattenbankensystem beschleunigt haben. Auf diese Weise seien zahlreiche Zombie-Unternehmen am Leben gehalten worden.
Um die Konjunktursteuerung auf eine solidere Basis zu stellen, schlagen die Autoren vor aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen und die kognitive Vielfalt in ihren Entscheidungsgremien zu erhöhen. So hätten die Zentralbanken die Inflation viel zu spät erkannt. Die FED habe die Aufgabe voran zu gehen und ihr Inflationsziel von unrealistischen zwei auf drei Prozent zu erhöhen. Die Zeiten des zyklischen, zum Mittelwert zurückkehrenden, inflationsarmen und leicht verdienten Geldes seien vorbei. Öffentliches Kapital müsse durch innovative Modelle, wie dem der internationalen Finanzfazilitäten, besser genutzt, privates ungenutztes Kapital durch Partnerschaften mit verteiltem Risiko mobilisiert werden.
Die beste Antwort auf die Permakrise sei eine Welt der Zusammenarbeit, im Inland wie auch international. „Zusammenarbeit ist genau das, was es möglich machen wird, das Wachstum wiederherzustellen, die Konjunktursteuerung zu verbessern, weitere Klimakatastrophen zu vermeiden, die Ungleichheit zu verringern und die globale Ordnung neu zu gestalten“.