Die deutsche Wirtschaft befindet sich 2025 in einer tiefen Krise. Häufig wird die Energiewende als Hauptursache genannt, doch diese Sicht greift zu kurz. Zwar belasten hohe Energiepreise und unsichere Rahmenbedingungen viele Unternehmen massiv, doch die eigentlichen Probleme liegen tiefer: Sie sind das Ergebnis eines Zusammenspiels von Politikversagen, Managementversagen, Lobbyismus und einer über Jahrzehnte verfestigten Standortpolitik.
Energiepolitik und Transformation
Die Energiewende hat zweifellos erhebliche Kosten und Unsicherheiten verursacht. Hohe Strompreise, steigende Abgaben und ein oft widersprüchlicher Kurs – mal Subventionsstopps, mal kurzfristige Fokussierung auf Gas – haben energieintensive Branchen besonders getroffen. Mehr als jedes dritte Unternehmen bewertet die Energiewende inzwischen negativ, vor allem wegen der mangelnden Planbarkeit. Gleichzeitig ist der Umbau des Energiesystems für Klimaschutz und Versorgungssicherheit unvermeidlich. Dass er so schleppend und widersprüchlich verläuft, ist ein Teil des Problems.
Strukturelle Abhängigkeiten und Versäumnisse
Noch gravierender als die Energiefrage ist jedoch, dass Deutschland sein Wirtschaftsmodell zu lange auf Faktoren gestützt hat, die nicht mehr tragen: billige fossile Energie, starke Nachfrage aus China und die Rolle des Exportweltmeisters. Mit dem Rückgang der Auslandsmärkte, dem Ende günstiger Energieimporte und disruptiven Technologiewechseln fehlt vielen Unternehmen die strategische Anpassung. Digitalisierung, Automatisierung, Diversifizierung – all das wurde lange zu zögerlich umgesetzt.
Managementversagen, Subventionen und Selbstzufriedenheit
Oft wird die Politik allein für die Krise verantwortlich gemacht. Dabei hat auch die Wirtschaft selbst versagt. Viele Unternehmen haben sich in ihren Erfolgen gesonnt und die Geschwindigkeit unterschätzt, mit der internationale Wettbewerber günstiger, innovativer und schneller geworden sind. Hinzu kommt eine paradoxe Haltung: Einerseits wurden bereitwillig staatliche Subventionen abgegriffen – sei es beim „grünen Stahl“ oder anderen Förderprogrammen –, unabhängig davon, ob sie zur langfristigen Strategie passten. Andererseits üben dieselben Unternehmen heute scharfe Kritik an der Politik. Das hat mit konsequentem Unternehmertum wenig zu tun und wirkt umso widersprüchlicher.
Lobbyismus und politische Verflechtungen
Zusätzlich hat intensiver Lobbyismus – vor allem seitens der Automobilindustrie – notwendige Reformen verzögert. Enge Verflechtungen zwischen Politik und Wirtschaft, sichtbar etwa in den zahlreichen Wechseln von Spitzenpolitikern in die Automobilbranche und ihre Verbände, haben dazu geführt, dass der Status quo künstlich verlängert wurde. Statt frühzeitig konsequent in Elektromobilität, Software und neue Geschäftsmodelle zu investieren, hat man politische Schutzschirme genutzt, um alte Strukturen zu konservieren. Die Quittung folgt nun, da die internationale Konkurrenz längst voraus ist.
Weitere Faktoren
Erschwerend wirken zudem Bürokratie, hohe Steuerlast, fehlende Fachkräfte und globale Unsicherheiten. Diese Probleme sind nicht neu, doch sie wurden zu lange ignoriert. Strategische Fehlentscheidungen – von der Abhängigkeit von russischem Gas bis zur unzureichenden Digitalisierung staatlicher wie unternehmerischer Strukturen – wirken bis heute nach.
Fazit
Die aktuelle Krise ist nicht das Ergebnis einer einzigen Ursache. Die Energiewende verschärft die Belastungen, ist aber nicht ihr Ursprung. Entscheidend ist ein ganzes Bündel aus Politikversagen, Managementversagen, Lobbyismus und strukturellen Altlasten. Wer die Krise allein auf Energiepolitik reduziert, greift zu kurz – und läuft Gefahr, von den eigentlichen Reformaufgaben abzulenken: Bürokratieabbau, konsequente Digitalisierung, Investitionen in Bildung und Fachkräfte sowie eine Industriepolitik, die Transformation nicht behindert, sondern ermöglicht.
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