Von Ralf Keuper

Mit „Funktionen und Folgen formaler Organisation“, das erstmals im Jahr 1964 erschien, legte Niklas Luhmann eine Analyse der Funktionsweisen von Organisationen vor, die im Gegensatz zu den bis dahin dominierenden Ansätzen von Einzelpersonen und Mittel/Zweck-Betrachtungen abstrahierte und stattdessen das (soziale) System als Untersuchungsgegenstand einführte. Wenngleich sich Luhmann hier noch nicht explizit auf die Systemtheorie oder gar Autopoiesis beruft, sind die Ansätze dazu schon deutlich zu erkennen, wie sie in späteren Werken wie „Soziale Systeme“ ausformuliert wurden.

Persönlich halte ich das Werk trotz seines >fortgeschrittenen< Alters für eine der besten organisationstheoretischen Analysen, die ich bisher gelesen habe. Man spürt hier noch den ehemaligen Regierungsbeamten, der seine theoretischen Überlegungen mit Beobachtungen aus der Praxis zu kombinieren versteht. Eine Symbiose, wie sie Luhmann danach, leider, nie mehr in dieser Form gelungen ist – höchstwahrscheinlich mit Absicht.

Schon zu Beginn legt Luhmann in dem Kapitel „Soziale Systeme“ seine Interpretation der Organisation dar, die in ihrem Kern eigentlich schon alles enthält, was er dann später noch sehr viel detaillierter und abstrakter beschreiben wird.

Für den Vorstellungszusammenhang, den wir im folgenden kurz als klassische oder traditionelle Organisationstheorie bezeichnen werden, ist charakteristisch, dass dieser Ansatz übernommen und mit Hilfe des Zweck/Mittel-Schemas ausgedeutet wird: Das Ganze wird durch einen feststehenden Zweck definiert, zu dem die Teile als Mittel beitragen.
Die Struktur der Organisation wird als Aufgabenordnung begriffen.
Mit Einzelheiten dieser Lehre werden wir uns verschiedentlich auseinandersetzen müssen. Darum ist es wichtig, am Anfang klarzustellen, dass wir einen anderen Systembegriff verwenden. Der ontologische Systembegriff hat einen entscheidenden Mangel: Er isoliert das System auf interne Beziehungen und vernachlässigt dessen Umwelt. Seine Systeme sind, wie Substanzen,…

Ein Gedanke zu „„Funktionen und Folgen formaler Organisation“ von Niklas Luhmann“

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