In diesem Bericht werden die Ergebnisse der wissenschaftlichen Vorstudie „Zwangsarbeit politischer Häftlinge in Strafvollzugseinrichtungen der DDR“ vorgestellt. Die Studie wurde gefördert von der Staatsministerin für Kultur und Medien, Claudia Roth (BKM). Sie wurde initiiert und wissenschaftlich begleitet von der Union der Opferverbände Kommunisti- scher Gewaltherrschaft. Realisiert wurde die Vorstudie von Professor Jörg Baberowski, Humboldt-Universität zu Berlin, Lehrstuhl Osteuropa für die Geschichte Osteuropas. Die Autoren sind Dr. Markus Mirschel und Samuel Kunze.

Der Bericht weist an vier Beispielen nach, dass Lieferketten für einzelne von politischen Häftlingen mitproduzierte Produkte von den Herstellungsstätten in der DDR über mehrere Zwischeninstanzen bis hin zu bundesdeutschen Endkunden bzw. -verkäufern nachvollzo- gen werden können. Beschrieben wird (1.) der Weg der vom VEB Strumpfkombinat Esda Thalheim in der DDR hergestellten Damenstrumpfhosen von der Strafvollzugseinrichtung Hoheneck bis hin zu Großabnehmern wie ALDI Nord in der Bundesrepublik. (2.) wird die Lieferkette der vom VEB Elektromotorenwerk (ELMO) Grünhain produzierten Elektromo- toren u. a. in den Gefängnissen Hoheneck, Torgau, Waldheim, Luckau und Brandenburg bis hin zur westdeutschen Firma Josef Scheppach Maschinenfabrik GmbH & Co. in Ichen- hausen nachvollzogen. (3.) wird der Weg der Praktica-Kameras vom VEB Pentacon mit ihrer Fertigungsstelle in der Strafvollzugseinrichtung Cottbus bis hin zu westdeutschen Versandhäusern wie Quelle und Otto rekonstruiert. (4.) wird die Lieferkette der vom VEB Magnetbandfabrik Dessau hergestellten Audio-Kassetten von der StVA Dessau bis zur Firma Magna nachvollzogen.

Im Hinblick auf die gesundheitlichen Folgen der Zwangsarbeit weist der Abschlussbericht wahrscheinliche Zusammenhänge zwischen den spezifischen Arbeitsbedingungen in vier Betrieben, in denen politische Häftlinge arbeiten mussten, und den von Betroffenen be- richteten langfristigen gesundheitlichen Beschwerden nach. Für die Chlorbetriebe des Chemischen Kombinats Bitterfeld werden die Auswirkungen einer starken Quecksilberex- position nachgezeichnet, für die Abteilung Galvanik des VEB Metallwaren Naumburg (MeWa) in der Strafvollzugseinrichtung Naumburg analog dazu die langfristigen Folgen der Exposition mit Chrom-VI-Verbindungen. Darüber hinaus belegt die Vorstudie mögli- che Zusammenhänge zwischen den Arbeitsbedingungen in der Schneiderei der Strafvoll- zugseinrichtung Hoheneck und chronischen Muskel-Skeletterkrankungen bei den be- troffenen Arbeiterinnen. Für den Arbeitsbereich des VEB Sprelawerke Spremberg in der Strafvollzugseinrichtung Cottbus werden erste Einblicke in gesundheitliche Folgen der dortigen Häftlingsarbeit dargelegt.

Quelle: Zwangsar­beit politischer Häftlinge in Strafvollzugseinrichtungen der DDR (Online abrufbar)

Weitere Informationen:

Wie westdeutsche Unternehmen von DDR-Häftlingen profitierten

Aldi, Otto und Quelle: Diese Unternehmen profitierten von Zwangsarbeit in der DDR

DDR-Zwangsarbeiter. Ausbeutung nach Plan