Von Ralf Keuper

Die klassischen Produktionsfaktoren sind Arbeit, Boden und Kapital. Informationen als Produktionsfaktor zu interpretieren, ist ein relativ neues Phänomen. Häufig werden Daten und Informationen in dem Zusammenhang synonym verwendet.

Daten allein machen jedoch noch keinen Unterschied. Die Interpretation, die Umwandlung oder Veredelung in Information erst erzeugt den Mehrwert.

In der Betriebswirtschaftslehre kursieren bereits seit Jahrzehnten Überlegungen, Informationen und andere Einflussgrößen in den Rang von Produktionsfaktoren zu erheben:

Bei weitergefaßter Betrachtung der Leistungserstellung und des Faktorbegriffs können auch Geld, Informationen und andere Einflußgrößen in den Kreis der Produktionsfaktoren einbezogen werden; diese Erweiterungen hängen vom Forschungsobjekt und Forschungsziel ab. Die stärkste Differenzierung weist 8 Klassen von Produktionsfaktoren auf (Weber, H. K., System produktiver Faktoren, in: Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung Band 32/1980, S. 1059 ff).

Im Jahr 1998 beschäftigte sich Ulrich Seidenberg mit der Frage Ist Information als eigenständiger Produktionsfaktor aufzufassen?.

Resümierend hält er darin fest:

Informationen (sind) implizit und untrennbar in mehreren Faktorklassen enthalten, so dass ein separater Faktor Information insofern zwangsläufig zu Überscheidungen führt. Lediglich bislang nicht integrierter Informationsinput kann überschneidungsfrei eine eigene Faktorkategorie Information bilden, was aufgrund des Vollständigkeitskriteriums sogar zwingend ist. Dabei handelt es sich insbesondere um informationelle Objekt-, gegebenenfalls auch Zusatzfaktoren. Durch das Schließen dieser (vergleichsweise) unbedeutenden Lücke im Faktorsystem Gutenbergs wird zugleich die Forderung nach Allgemeingültigkeit unterstützt.

Die Bedeutung der informationellen Objektfaktoren hat in den letzten Jahren sprunghaft zugenommen; genannt seien die verschiedenen Verfahren zur Simulation sowie die Digitalen Zwillinge, wie überhaupt das Internet der Dinge. Physische Gegenstände verwandeln sich in Informationsobjekte. Eine Entwicklung, die Michael E. Porter und Victor E. Millar bereits im Jahr 1985 in ihrem Beitrag Wettbewerbsfaktor Information in dem Abschnitt Die Verwandlung des Produkts vorwegnahmen.

Die meisten Produkte hatten schon immer eine physische und eine informationelle Komponente. Letztere enthält breit gefasst – alles, was der Kunde wissen muss, um ein Produkt zu erwerben und mit den gewünschten Ergebnissen zu benutzen, also Informationen über Leistungsmerkmale, Bedienung und Anwendung. … Immer mehr Produkte sind, um überhaupt funktionieren zu können, auf Informationsverarbeitung angewiesen. Ein Geschirrspüler benötigt etwa ein Kontrollsystem, das die verschiedenen Komponenten des Gerätes während des Spülvorgangs steuert und dem Benutzer die jeweils laufende Arbeitsphase anzeigt. Die neue Informationstechnik verbessert die Produktleistung und erleichtert es, den Informationsgehalt des Produktes stark zu erweitern.

Die Verwaltung des Produktionsfaktors Information obliegt in den Unternehmen dem Informationsmanagement, so Norbert Gronau in Einführung in das Informationsmanagement. Unter bestimmten Voraussetzungen wird Information zum Wirtschaftsgut. Wissen befähigt zum Handeln, Information vermittelt den richtigen Zeitpunkt, so einige Kernaussagen.

Informationen mit wirtschaftlichem Wert wären demnach Hinweise auf sich anbahnende Produktionsstörungen (Predictive Maintenance) wie überhaupt zur Effizienzsteigerung (also in gewisser Weise bislang übersehene und nicht zugänglich Informationen), Informationen aus zuvor unstrukturierten Daten sowie externe Informationen, wie z.B. über Marktbewegungen, technologische Neuerungen, Änderungen im Kaufverhalten etc. Der Mehrwert entsteht häufig durch die Kombination unterschiedlicher Informationen, die isoliert betrachtet, keine Aufforderung zum Handeln nahe legen.

Die Unternehmen können das Wirtschaftsgut Information mittels Informationsobjekte (digitale Repräsentationen von Produkten und Services) verwalten. Wegweisend ist das Buch Management unstrukturierter Informationen von Paul Königer und Walter Reithmayer.

Der pragmatische Ansatz bedeutet, dass wir in diesem Buch Informationen wie Objekte behandeln. Wir unterstellen, dass diese Objekte bearbeitet (verändert, übertragen, gespeichert) werden können. Weiterhin, dass sie untereinander verbunden (nämlich auf verschiedene Arten zusammengestellt) werden können und dass Beziehungen zwischen diesen Objekten herstellbar sind. Objekte können auch andere Objekte enthalten, dies wird eine Kaskadierung von Informationsobjekten genannt. Beispielsweise enthält das Informationsobjekt “Zeitung” mehrere Informationsobjekte “Artikel”. Ein Informationsobjekt “Artikel” könnte wiederum aus mehreren Informationsobjekten “Absätze” bestehen und so fort. Diese bildhafte Vorstellung von Informationen als anfassbaren Objekten bedeutet aus wissenschaftlicher Sicht eine starke Fokussierung, zeigt sich aber als ausgesprochen praxistauglich für den Umfang mit Informationen.

Mit neuen Technologien, wie Virtual und Augmented Reality, bieten sich hier neue Möglichkeiten.

Die Informationsobjekte müssen wiederum eindeutig identifizierbar sein, um Zugriffe regeln zu können sowie den internen und externen Austausch von Objektinformationen zu ermöglichen. Eng damit verbunden sind Fragen des Datenschutzes, der Datensicherheit und des Identity Access Management (IAM). Die Blockchain-Technologie könnte hierfür die Rolle eines De-facto-Standards übernehmen. Digitale Identitäten, Zertifikate und Vertrauensdienstleister werden an Bedeutung gewinnen. Neue Rollen, wie die des Chief Data Officers könnten entstehen bzw. sich durchsetzen und der Datenschutzbeauftragte sein Aufgabenspektrum erweitern (Vgl. dazu: Rise of the Chief Data Officer (CDO) and Data Protection Officer (DPO)).

Ein Gedanke zu „Produktionsfaktor Information“

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