Brauchen wir in Zukunft überhaupt noch Handwerker? Vielleicht nur noch in Ausnahmefällen. Denn wenn Produkte modular, standardisiert und eigenhändig reparierbar werden – unterstützt durch Cobots, Roboter und 3D-Drucker – könnten klassische Handwerksleistungen weitgehend überflüssig werden. Doch wie realistisch ist dieses Bild?
Die Vorstellung ist faszinierend: Ein Zuhause, das sich weitgehend selbst instand hält. Geräte, die sich über das Internet fernwarten lassen. Module, die man mit wenigen Handgriffen austauscht. Ersatzteile, die direkt aus dem eigenen 3D-Drucker kommen. Und als ständige Helfer: Cobots und humanoide Roboter, die Routineaufgaben übernehmen. Das Bild einer Welt, in der Handwerker kaum mehr gebraucht werden, scheint greifbar. Doch wie plausibel ist dieses Szenario wirklich?
Zunächst spricht vieles dafür. Der Trend zur Modularisierung schreitet unaufhaltsam voran. Hersteller entwickeln zunehmend Produkte, deren Teile leicht entnommen und ersetzt werden können. Dieser Wandel geht weit über das bekannte „IKEA-Prinzip“ hinaus: Ziel ist echte Plug-and-Play-Funktionalität für Endkunden. Wer heute schon ein Smartphone-Modul austauscht oder einen Staubsaugerroboter selbst wartet, erahnt, wohin die Reise geht.
Parallel dazu wächst die Rolle digitaler Services. Fernwartung, automatische Fehlerdiagnosen und „Predictive Maintenance“ reduzieren den Bedarf an physischer Präsenz. Statt den Kundendienst zu rufen, genügt es oft, einen Software-Patch einzuspielen oder einen kleinen Ersatzteilversand zu veranlassen. Der nächste logische Schritt: Geräte, die gleich so konzipiert sind, dass kein Fachbesuch mehr nötig ist – oder sich eine Reparatur gar nicht mehr lohnt, weil ein kompletter Modultausch einfacher und günstiger ist.
Hinzu kommt der 3D-Druck. Schon heute entstehen Ersatzteile für Haushaltsgeräte im heimischen Drucker, sei es ein Halter, Knopf oder Gehäuseteil. Unternehmen stellen offene Bibliotheken bereit, die den Nachdruck vereinfachen. Mit steigender Materialvielfalt wird dieser Trend weiter Fahrt aufnehmen. Eigenreparatur wird damit nicht nur einfacher, sondern auch nachhaltiger.
All das führt dazu, dass klassische Handwerksleistungen im Alltag massiv zurückgedrängt werden. Der Bedarf sinkt deutlich, nicht zuletzt getrieben vom Fachkräftemangel und dem Wunsch nach mehr Autonomie. Reparaturen mit langen Anfahrtswegen – etwa wie heute noch beim Premiumhersteller Miele – erscheinen wie Relikte einer vergangenen Ära.
Doch eine völlige Obsoleszenz des Handwerks ist nicht realistisch. Denn es bleibt ein Restbestand an Aufgaben, die sich nicht standardisieren lassen: komplexe Sanierungen, sicherheitsrelevante Eingriffe, individuelle Anpassungen oder die Integration vernetzter Systeme. Zudem verschiebt sich die Rolle des Handwerks: Vom klassischen Reparateur zum Berater, Integrator und Prüfer moderner Technik. Die Hände bleiben im Spiel, doch sie hantieren weniger mit Schraubenschlüsseln als mit Schnittstellen.
Zuspitzung und Schluss
Der Handwerkerberuf wird nicht verschwinden, aber er wird sich drastisch wandeln – und seine Zahl wird unweigerlich abnehmen. Alles andere liefe der inneren Logik von Automatisierung, Modularisierung und Rationalisierung zuwider. Was sich standardisieren lässt, wird standardisiert. Was sich automatisieren lässt, wird automatisiert. Und was sich modularisieren lässt, wird so gebaut, dass Kunden es selbst tauschen oder herstellen können.
Die Zukunft des Handwerks liegt daher nicht mehr in der Masse manueller Eingriffe, sondern in der Nische des Besonderen: komplexe Sonderfälle, sicherheitsrelevante Eingriffe, systemische Beratung. Der Alltag aber gehört zunehmend den Cobots, den 3D-Druckern und den modularen Produkten, die Handwerker überflüssig machen.
Das Handwerk bleibt – aber weniger zahlreich, technologisch aufgeladen und gesellschaftlich neu verortet.
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