Warum die westliche Landmaschinenindustrie vor dem Umbruch steht

Die Krise bei Claas, Krone und Fendt ist keine zyklische Delle – und sie endet nicht an der deutschen Grenze. Auch John Deere, AGCO und CNH kämpfen mit denselben strukturellen Problemen. Chinesische Konkurrenz, wegbrechende Märkte und technologischer Wandel treffen auf eine Branche, die ihre besten Jahre hinter sich hat. Ein Beitrag über das stille Ende einer Ära.


Im Dezember 2025 sagte die Claas-Gruppe den Bau eines neuen Werks im westfälischen Borchen ab. Im November hatte Krone 450 Zeitarbeitnehmer entlassen. Bei Fendt laufen Vorruhestandsprogramme. John Deere hat Kurzarbeit angekündigt, Lemken ebenfalls. Die Nachrichten kommen im Wochentakt, und jedes Mal ist die Begründung dieselbe: schwierige Marktlage, Agrarkrise, Bürokratie, Zölle. Was als vorübergehende Delle verkauft wird, ist in Wahrheit der Beginn einer Transformation, an deren Ende die deutsche Landmaschinenindustrie nicht mehr wiederzuerkennen sein wird.

Die Zahlen sind eindeutig. Claas verzeichnete im Geschäftsjahr 2023/24 einen Umsatzeinbruch von 19 Prozent. Der AGCO-Konzern, zu dem Fendt gehört, prognostiziert für 2025 einen weiteren Rückgang um ein Fünftel. Bei Krone spricht man davon, „weitere Optionen“ zu prüfen – die Sprache eines Unternehmens, das nicht weiß, wo der Boden ist. Die Branche befindet sich nicht in einer Krise. Sie befindet sich in einem Strukturwandel.

Das Ende des Wachstums

Um zu verstehen, was geschieht, muss man die Geografie der Märkte betrachten. Die deutsche Landtechnik lebte jahrzehntelang von drei Wachstumsmotoren: dem europäischen Binnenmarkt, dem amerikanischen Markt und den aufstrebenden Agrarnationen – Russland, Brasilien, Indien. Alle drei Motoren stottern gleichzeitig.

Europa kämpft mit einer Agrarkrise, die durch hohe Energiekosten, volatile Erzeugerpreise und politische Unsicherheit geprägt ist. Die Investitionsbereitschaft der Landwirte ist eingebrochen. In Amerika drohen Trump-Zölle auf Agrarimporte, und selbst amerikanische Hersteller wie John Deere melden Kurzarbeit. Aber die eigentliche Verschiebung findet anderswo statt.

Die BRICS-Staaten – Russland, Brasilien, Indien, Südafrika und die Neuzugänge – emanzipieren sich von westlichen Lieferanten. Nicht aus technischen Gründen, sondern aus strategischem Kalkül. Wer die Abhängigkeit von Amerika und Europa reduzieren will, wählt lieber die Abhängigkeit von China. Brasilien, der größte Agrarmarkt der südlichen Hemisphäre, kauft seine Mähdrescher für die Soja-Ernte zunehmend bei chinesischen Herstellern. Russland, einst Kernmarkt für Claas mit eigener Produktion in Krasnodar, ist als Kunde verloren – nicht nur wegen der Sanktionen, sondern weil Moskau keine Rückkehr zu westlicher Technologie will. Claas hat sein Indien-Geschäft 2024 an Yanmar verkauft.

Die Wachstumsmärkte der Zukunft sind für deutsche Hersteller keine Wachstumsmärkte mehr.

Und selbst im europäischen Heimatmarkt droht eine bittere Ironie. Die Gemeinsame Agrarpolitik der EU pumpt jährlich rund 55 Milliarden Euro an Subventionen in die Landwirtschaft. Ein erheblicher Teil dieser Mittel fließt in Mas…