Den britischen Steinkohlenbergbau gibt es nicht mehr, und doch lebt die Figur des Bergmanns in der kulturellen Vorstellung der Briten weiter. In Spiel- und Dokumentarfilmen werden die Bergleute in der Regel als proletarische Traditionalisten dargestellt, die in einer aussterbenden Industrie arbeiten. Aus dieser Perspektive erscheint der Bergarbeiterstreik von 1984/85 wie ein verzweifeltes letztes Aufbäumen gegen Kräfte, die viel größer sind als die Bergleute selbst – nicht nur die Thatcher-Regierung, sondern die Flut des historischen Wandels selbst.

In dieser bahnbrechenden Studie wendet sich Jörg Arnold gegen eine deklinische Lesart der Menschen, die in einer der wichtigsten britischen Energieindustrien arbeiten. Die Studie macht ausgiebigen Gebrauch von bisher unzugänglichen Aufzeichnungen, um eine neue Darstellung der britischen Bergarbeiter im Zeitalter der Deindustrialisierung zu bieten. Das Buch ordnet die Bergleute in breitere Gefühlsstrukturen ein und rekonstruiert den Sinn der Bergleute für die Vergangenheit und die Zukunft.

Arnold argumentiert, dass die britischen Bergarbeiter eine zyklische Bewegung durchliefen – vom Verlierer zum Gewinner und wieder zurück – als Großbritannien in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts eine de-industrielle Revolution erlebte. Das Buch fügt den „neuen Aufbruch“ der Industrie in den 1970er Jahren wieder in die Geschichte der Kohle ein und zeigt, dass die Bergleute eine echte Macht hatten. Die in Plan for Coal (1974) festgehaltene Trendwende in der Branche war nur von kurzer Dauer. Sie war dennoch von Bedeutung. Seine Bedeutung, so argumentiert das Buch, lag nicht darin, dass er die langfristige Entwicklung der Kohleindustrie beeinflusste. Vielmehr war der „neue Aufbruch“ wichtig, weil er die politischen und kulturellen Herausforderungen erhöhte.

Die Bergleute standen an einem kritischen Punkt in der Geschichte Großbritanniens im Mittelpunkt stark widersprüchlicher Zukunftsvisionen. Die Figur des Bergarbeiters wurde mit stark gegensätzlichen Eigenschaften ausgestattet: Held und Schurke, Außenseiter und Feind, proletarischer Traditionalist und Bannerträger des sozialistischen Fortschritts. Die Bergleute waren in diesem Prozess nicht nur Zuschauer. Sie waren Akteure, die von ihren zahlreichen Gegnern für besonders mächtig gehalten wurden und selbst halb an diese Macht glaubten. Die Besonderheit der Bergarbeiter kollidierte jedoch mit dem Wunsch, ein normales Leben zu führen, was zu Spannungen führte, die im einjährigen Streik 1984/1985 am grausamsten zutage traten.

Quelle: The British Miner in the Age of De-Industrialization

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