Von Ralf Keuper

Daten sind mittlerweile für zahlreiche Geschäftsmodelle der wichtigste “Treibstoff”. Unternehmen wie Google, facebook oder Amazon verdanken ihren wirtschaftlichen Erfolg sowie ihre hohe Bewertung an der Börse vornehmlich der Tatsache, dass sie die Verhaltens- und Transaktionsdaten, welche die Kunden auf ihren Plattformen hinterlassen, für die Entwicklung neuer Produkte und Services verwenden können. Die eigentlichen Produzenten der Daten, die Nutzer, gehen bei diesem Deal jedoch weitestgehend leer aus. Für die Nutzung der häufig kostenlosen Dienste im Internet überlassen sie den Internetkonzernen wie facebook oder Google mehr oder weniger bereitwillig ihre Daten.

Seit Jahren wird die Frage des Dateneigentums bzw. des Datenschutzes aus Sicht der ökonomischen Theorie kontrovers diskutiert (Vgl. dazu: Datenschutz aus Sicht der ökonomischen Theorie & Dateneigentum – Eine gute Idee für die Datenökonomie?).

Sind Daten eine Art Währung? (Vgl. dazu: Daten: Über den rechtlichen Umgang mit einem neuen Tauschmittel).

Brauchen wir andere Ansätze?

In seinem Buch Kapitalismus inklusive widmet Uwe Jean Heuser ein Kapitel dem New Data Deal.

Das eigentliche Problem:

Die Datenökonomie ist kein Ort gemeinsamen Austausches, sondern eher eine Ansammlung von unabhängigen Silos, dem Apple-Silo, Uber-Silo und so weiter.

Bislang haben die Nutzer als Produzenten der Daten kaum eine Möglichkeit, den Internetkonzernen auf Augenhöhe zu begegnen. Sie müssen sich den Bedingungen von Apple, facebook, Amazon & Co. wohl oder übel beugen, wenn sie nicht auf deren Dienste verzichten wollen. So bleibt der Kernkonflikt des Internet, der Daten-Deal zwischen denen, die Daten schaffen, und denen die sie verarbeiten und verwerten, ungelöst.

Wie schon in der Vergangenheit, als sich Kollektive bildeten, um seine Interessen gemeinsam gegen eine wirtschaftliche Übermacht geltend zu machen, wie bei den Gewerkschaften und Genossenschaften, könnten Datenkollektive ein Weg sein, um den Internetkonzernen auf Augenhöhe zu begegnen. Wir müssen, so Heuser, eine Möglichkeit bekommen, nachzuvollziehen, was die “Raffinieren” mit unseren Daten, dem Öl, gemacht haben und die Verwendung, wenn sie unseren Absichten widerspricht oder uns schaden kann, zu untersagen. Ebenso sollte es möglich sein, dass wir uns mit verschiedenen Identitäten im Netz bewegen können. Längst nicht jede Transaktion erfordert die Offenlegung unserer vollständigen Identität. Häufig genügt, wie in Fragen der Altersbeschränkung, die Bestätigung eines Merkmals, in diesem Fall des Alters, so Tim Cole, u.a. Mit-Gründer von KuppingerCole:

Natürlich ist es für eine Online-Transaktion wichtig zu wissen, wer der andere ist. Aber muss ich wirklich mein Geburtsdatum verraten, nur damit ich im Internet etwas ansehen darf, bei dem es zufällig eine Mindestaltervorschrift gibt? Würde es nicht genügen, wenn jemand bestätigen würde, dass ich volljährig bin? Muss ich jedesmal wirklich meine Kreditkartennummer verraten, um online etwas einzukaufen? Warum kann ich nicht ebenso anonym auf Shopping-Tour gehen, wie ich es mit Bargeld im richtigen Leben kann? (in: Unternehmen 2020 – das Internet war erst der Anfang)

Nicht nur sollten wir das Recht haben, über die Verwendung unsere Daten selbst zu bestimmen; ebenso sollten wir die Daten ergänzen und korrigieren dürfen und die Aussagekraft/Unschärfe der Daten selbst festlegen können. Benötigt werden Lösungen, so Heuser, die unsere Datentransaktionen nachvollziehbar machen und die Aktualisierung übernehmen.

Datengemeinschaften können die Daten der Mitglieder zusammenführen und auswerten, um daraus bessere Diagnose- und Behandlungsmethoden ableiten zu können. Dafür muss die Plattform absolut vertrauenswürdig sein und nicht nach Gewinnmaximierung streben – im Grunde eine Daten – Bank – Bank für Gesundheitsdaten e.G.

Heuser betont unter Verweis auf Andreas Weigend den sozialen Charakter der Daten. (Vgl. dazu: The New Reality of Social Data — Andreas Weigend, Social Data Lab — Full). Daten, auch die personenbezogenen, isoliert zu betrachten führt in die Irre.

In dem Positionspapier Dateneigentum – Eine gute Idee für die Datenökonomie? schreibt Nicola Jentzsch:

Juristisch gesehen entstehen Daten und Informationen in sozialen Relationen und lassen sich gerade nicht einer Partei zuordnen.

Welche Rolle übernehmen die Digitalen Identitäten. Für Dave Birch sind Digitale Identitäten das neue Geld (Identity is the New Money). Digitale Identitäten sind in gewisser Weise die höchste Aggregationsstufe der Daten zu einer Person und zu einem technischen Objekt. Insofern könnten sie die Rolle des Symbolischen Kapitals (Bourdieu) übernehmen (Vgl. dazu: Digitale Identitäten als Symbolisches Kapital (Pierre Bourdieu)).

Wie lässt sich der Beitrag des einzelnen an der Wertschöpfung in der Datenökonomie messen, um zu einem fairen New Data Deal zu kommen? Brauchen wir dazu neue Institutionen – wie Clearinghäuser, Identity Banks oder Personal Data Banks? In Japan ist für dieses Jahr die Errichtung der weltweit ersten Personal Data Bank geplant (Vgl. dazu: Japan takes step toward enormous bank of personal data). Welchen Beitrag kann die Blockchain-Technologie mit ihrem dezentralen Ansatz leisten? Könnte die Idee der Hanse, als weltweit erster Netzwerkorganisation,  eine Renaissance erleben (Vgl. dazu: Blockchain ist im Kern die alte westfälische Hanse).

Datenschutz, so Frederick Richter von der Stiftung Datenschutz,  muss Innovation nicht hemmen, er kann sogar Treiber von Innovation sein (Vgl. dazu: “Datenschutz muss Innovation nicht hemmen” – Interview mit Frederick Richter (Stiftung Datenschutz) ). Neue datenschutzrechtliche Bestimmungen, wie die neue Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), sind daher ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Weitere Informationen:

Mit Franz Oppenheimer zu einer Sozialen Daten-Marktwirtschaft (Alfred Fuhr)

Ein Gedanke zu „The New Data Deal“

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