Von Ralf Keuper

Gerade die deutsche Wirtschaft tut sich nach Ansicht vieler Marktbeobachter schwer, ihr Denken in Produkten zu überwinden und die Herausforderungen der Digitalisierung und zunehmenden Vernetzung anzunehmen. Für den deutschen Ingenieur, seit mehr als hundert Jahren Sinnbild der Stärke des Industriestandorts Deutschland, sind Produkte, die nicht im perfektem Zustand ausgeliefert werden, ein Graus. Digitalisierung wird hierzulande daher überwiegend im Zusammenhang mit Produkten gedacht und praktiziert.

Deutschland ist eine Ingenieurskultur, daher neigen die Deutschen im Allgemeinen dazu, die Digitalisierung als ein Hardware-Phänomen zu betrachten. In ihren Schulen bedeutet das, dass die Kinder iPads bekommen. Wenn Amerikaner – zum Beispiel bei der Khan Academy – über „edtech“ oder „e-learning“ sprechen, denken sie darüber nach, wie der Mensch kognitiv lernt und unterrichtet werden sollte, was etwas ganz anderes ist [1]in: German “Digitalisierung” versus American innovation.

In den USA zeichnete sich die Abkehr von der Produkt- hin zur Serviceorientierung schon vor langer Zeit ab bzw. sie wurde dort eher zur Kenntnis genommen. Beispielhaft dafür ist das Buch Intelligent Enterprise von James Brian Quinn aus dem Jahr 1992.

Quinn beschreibt den Siegeszug der Serviceindustrie in den Jahrzehnten nach dem 2. Weltkrieg. Für den Erfolg der Volkswirtschaften seien Servicetechnologien daher ausschlaggebend:

Es ist zu beachten, dass nicht nur die Informationstechnologien, sondern auch die in einem breiten Spektrum entwickelten Dienstleistungstechnologien die gesamte Struktur des Wettbewerbs in den USA und weltweit verändert haben. Die Dienstleistungstechnologien haben nicht nur die US-Wirtschaft revolutioniert, sondern auch in allen anderen großen Industrieländern dieselben Auswirkungen. Alle diese Länder konkurrieren nun zunehmend als Dienstleistungswirtschaften. Und die Dienstleistungsindustrien werden zur Glocke…

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