In seinem Buch Arm und Reich weist der amerikanische Biologe Jared Diamond nach, dass nicht konstitutionelle Unterschiede der Menschen, sondern die klimatischen und geografischen Besonderheiten der verschiedenen Erdteile die Ursache für die Verteilung von Armut und Reichtum sind.
Diamond fragt, wie es möglich war, dass weite Teile der Welt von Europäern kolonisiert wurden und nicht umgekehrt Europa von Eindringlingen aus Amerika oder anderen Regionen. Mit Blick auf die Eroberung Südamerikas durch die Spanier stellt Diamond fest: “Zu den Gründen für Pizarros Erfolg zählten die Militärtechnik mit Kanonen, Waffen aus Stahl und Pferde, ansteckende Krankheiten eurasischer Herkunft, Schiffbau und Navigation, die zentralistische politische Ordnung europäischer Staaten und nicht zuletzt die Schrift. Es waren diese unmittelbaren Faktoren, die Europäer in die Lage versetzten, auszuziehen und andere Kontinente zu erobern. Lange bevor irgend jemand an Kanonen und Stahl dachte, schufen jedoch ähnliche Faktoren die Voraussetzungen für Expansionsbewegungen verschiedener nichteuropäischer Völker. .. Nach wie vor unbeantwortet ist die grundlegende Frage, warum all diese unmittelbaren Vorteile in erster Linie den Europäern und nicht den Völkern der Neuen Welt zufielen. Warum waren es nicht die Inkas, die Kanonen und Stahlschwerter erfanden, auf furchterregenden Tieren in die Schlacht ritten, Krankheitserreger in sich hatten, gegen die Europäer keine Abwehrkräfte besaßen, ozeantüchtige Schiffe bauten, fortgeschrittene politische Organisationsformen entwickelten und auf den Erfahrungsschatz einer mehrlausendjährigen Geschichtsschreibung zurückgreifen konnten? Bei dieser Frage geht es nicht mehr um unmittelbare Gründe, .. , sondern um die eigentlichen Ursachen“.
Beginn und Ausbreitung der Landwirtschaft durch die Seßhaftigkeit: “Eine .. Folge der seßhaften Lebensweise ist die Möglichkeit, Nahrungsvorräte anzulegen, was ja nur Sinn ergibt, wenn man zur Bewachung in der Nähe bleibt. Zwar erbeuten auch nomadische Jäger und Sammler zuweilen mehr Nahrung, als sie in wenigen Tagen verzehten konnten, doch im Grunde nützt ihnen das wenig, da eine längere Bewachung nicht in Frage kommt. Nahrungsvorräte sind dagegen eine Voraussetzung zur Unterhaltung von Personen, die spezialisierten Tätigkeiten nachgehen und selbst keine Nahrung produzieren – ganz besonders, wenn ganze Städte miternährt werden sollen. Nomadische Jäger-Sammler-Kulturen verfügen deshalb über wenige oder gar keine derartigen »Vollzeit- Spezialisten«. Diese tauchten erstmals in seßhaften Gesellschaften auf. Zu ihnen zählen zum Beispiel Könige und Bürokraten. Gesellschaften von Jägern und Sammlern sind in der Regel vergleichsweise egalitär. Selten findet man in ihnen Vollzeitbürokraten oder Häuptlinge mit erblichem Status. Typisch sind für sie eher schwach ausgeprägte Formen politischer Organisation auf der Ebene von Kleinverbänden oder Stämmen, was daran liegt, daß alle gesunden Jäger und Sammler genötigt sind, einen Großteil ihrer Zeit der Nahrungsbeschaffung zu widmen. Wo Nahrungsvorräte angelegt werden, kann es dagegen einer politischen Elite gelingen, die Kontrolle über die von anderen produzierten Nahrungsmittel an sich zu bringen, Abgaben zu erheben, sich selbst vom Zwang zur Nahrungserzeugung zu befreien und nur noch politischen Geschäften nachzugehen. Entsprechend werden kleinere Agrargesellschaften oft von Häuptlingen regiert, während größere auch Könige an der Spitze haben können. Diese komplizierteren politischen Gebilde sind viel eher zur Führung längerer Eroberungskriege imstande als egalitäre Scharen von Jägern und Sammlern. In einigen Regionen wie an der Nordwest küste Nordamerikas und der Küste Ecuadors, die von der Natur besonders reich gesegnet sind, wurden Jäger und Sammler ebenfalls seßhaft, legten Nahrungsmittelvorräte an und Häuptlingen regieren. Weitere Schritte auf dem Weg zur Monarchie taten sie jedoch nicht“.
Gesellschaften mit einer zentralsieirten Regierung und funktionierender Bürokratie waren in der Lage große Armeen zu unterhalten. So war der Erfolg der Engländer im Kampf gegen die gut bewaffnete Maori-Bevölkerung diesem Punkt zuzuschreiben: “Die Maoris errangen zunächst beeindruckende Siege, waren jedoch nicht in der Lage, ein stehendes Heer zu unterhalten, so daß sie am Ende vor der britischen Streitmacht aus 18000 Berufssoldaten kapitulieren mußten”. Außerdem können Nahrungsvorräte dazu dienen, Priester mitzuernähren, die Eroberungskriege religiös legitimieren. “Ebenso Handwerker wie zum Beispiel Schmiede, die Schwerter und Kanonen oder andere miliärische Technologien erfinden. Sie können auch zur Unterhaltung von Schreibern verwendet werden, die mehr Informationen festhal- wen, als irgendein Mensch in seinem Gedächtnis speichern kann“.
Der Wert von Nutzpflanzen und Vieh als Nahrungslieferanten: “Aus Pflanzen und Vieh werden Naturfasern zur Herstellung von Kleidung, Decken, Netzen und Seilen gewonnen. In den meisten frühen Hauptzentren der Landwirtschaft wurden nicht nur Nahrungs-, sondern auch Faserpflanzen domestiziert man denke vor allem an Baumwolle, Flachs (zur Herstellung von Leinen) und Hanf. Etliche domestizierte Tierarten dienten als Lieferanten tierischer Fasern insbesondere Schafe, Ziegen, Lamas und Alpakas sowie Seidenraupen. Die Knochen domestizierter Tiere spielten eine wichtige Rolle als Rohstoff für die Artefakte jungsteinzeitlicher Völker vor dem Aufkommen der Metallverarbeitung. Kuhhäute dienten zur Lederherstellung. Eine der ältesten Kulturpflanzen in vielen Teilen Nord- und Südamerikas wurde ebenfalls Sicht zur Nahrungsgewinnung angebaut: der als Behälter verwendete Flaschenkürbis. Eine Revolution bewirkten domestizierte Säugetiere auch im Transportwesen, wo sie bis zur Erfindung des Automobils gegen 19. Jahrhunderts das Haupttransportmittel waren ..Völker mit militaristen und domestizierten Pferden (oder Kamelen) beziehungsweise verbesserten Techniken ihrer Nutzung bedaßen gewaltige militärische Vorteile gegenüber Völkern, denen es an diesen mangelte”.
Jene, die Tiere domestizierten, gehörten zu den ersten Opfern der neu entstandenen Erreger (Maser und Pocken), entwickelten dann aber auch beachtliche Resistenzen gegen die neuen Krankheiten. “Kamen solche teilresistenten Menschen in Kontakt mit Völkern, die mit den betreffenden Erregern noch keine Bekanntschaft gemacht hatten, brachen Epidemien aus, die bis zu 99 Prozent der noch nicht resistenten Bevölkerung dahinrafften”. Krankheitserreger spielten daher eine entscheidende Rolle beim Sieg der Europäer über Indianer, Australier, Südafrikaner und Pazifikinsulaner. “Kurzum, die Domestikation von Pflanzen und Tieren führte zur Erzeugung von erheblich mehr Nahrung und somit zu viel höheren Bevölkerungsdichten. Nahrungsmittelüberschüsse und (in einigen Gebieten) die Möglichkeit zum Transport dieser Überschüsse mit Hilfe von Tieren schufen die Voraussetzung für die Entstehung seßhafter, politisch zentralisierter, sozial und ökonomisch differenzierter und technisch innovativer Gesellschaften. Die Verfügbarkeit domestizierter Pflanzen und Tiere liefert also die eigentliche Erklärung dafür, daß Schrift, Waffen aus Stahl und politische Reiche am frühesten in Eurasien aufkamen“.
Die ungleiche Verteilung der Säugetiere ist eine weitere Ursache für die unterschliedlich Entwicklung der menschlichen Gesellschaften in den Regionen der Erde: “Den Völkern Eurasiens wurde eine wesentlich größere Zahl pflanzenfressender Säugetiere, die sich zur Domestikation eigneten, in die Wiege gelegt als den Volkern der anderen Kontinente. Dieses Faktum, das von immenser Tragweite für den weiteren Verlauf der Geschichte war, hat drei grundlegende geographische, historische und biologische Ursachen: Erstens besaß Eurasien entsprechend seiner großen Landmasse und ökologischen Vielfalt von vornherein die meisten Kandidaten, Zweitens verloren Australien, und Südamerika, nicht aber Eurasien und Afrika, die meisten ihrer Domestikationskandidaten in einer gewaltigen Welle des Artensterbens, die sich gegen Ende des Plestözians ereignete und die möglicherweise dadurch ausgelöst wurde, daß die zuerst genannten Kontinente die Bekanntschaft des Menschen relativ plötzlich und spät in der Evolutionsgeschichte machten, als wir bereits beachtliche Jagdfertigkeiten besaßen. Und schließlich war in Eurasien ein höherer Prozentsatz der überlebenden Kandidaten als auf den anderen Kontinenten zur Domestikation geeignet. Die nähere Untersuchung jener grundsätzlich in Frage kommenden Arten, die nicht domestiziert wurden, wie beispielsweise die großen afrikanischen Herdentiere, zeigt uns im einzelnen, woran die Domestikation scheiterte. Sicher hätte Tolstoi der Erkenntnis zugestimmt, die ein früherer Autor, der heilige Matthäus, in anderem Zusammenhang verkündete: »Viele werden gerunfe, doch nur wenige werden auserwählt.«
Vom Einfluss der Schrift: “Die beschränkten Anwendungsbereiche und Anwenderkreise früher Schriften lassen ahnen, warum die Schrift in der menschlichen Evolution erst so spät auftauchte. Alle mit hoher oder gewisser Wahrscheinlichkeit eigenständigen Erfindungen der Schrift (in Mesopotamien, Mexiko, China und Ägypten) sowie alle frühen Adaptationen jener Systeme (z.B. auf Kreta, im Iran, in der Tur kei, im Industal und in der Maya-Region) waren eingebettet in Gesellschaften mit sozialer Schichtung und komplexen zentralistischen politischen Institutionen. Die ältesten Schriftsysteme waren ganz auf den Bedarf jener politischen Institutionen zugeschnitten (z.B. Buchhaltung, Lobpreisung des Herrschers), und die Schreiber waren hauptamtliche Bürokraten, die von Nahrungsüberschüssen miternährt wurden, die bäuerliche Untertanen erarbeiteten. Von Jägerger-Sammler-Kulturen wurde die Schrift dagegen niemals entwickelt oder auch nur übernommen, da bei ihnen weder der institutionelle Bedarf noch die sozialen und landwirtschaftlichen Mechanismen zur Erzeugung von Nahrungsüberschüssen, deren es Zum »Durchfüttern« von Schreibern bedurfte, vorhanden waren. Die Einführung der Landwirtschaft und sodann eine jahrtausendelange gesellschaftliche Evolution waren demnach ebenso grundlegende Voraussetzungen für die Evolution der Schrift wie für die Evolution von Mikroben, den Auslösern unserer epidemischen Krankheiten. Unabhängig entstand die Schrift nur im Bereich des Fruchtbaren Halbmonds, in Mexiko und wahrscheinlich in Chinas also jenen Regionen, in denen die Landwirtschaft in der jeweiligen Hemisphäre am frühesten auftauchte, Einmal aus der Taufe gehoben, fand die Schrift durch Handel, Eroberung und Religion den Weg von diesen wenigen Kulturen zu anderen mit mit ähnlichen gesellschaftlichen und politischen Bedingungen. Die Landwirtschaft war mit anderen Worten eine notwendige aber noch keine hinreichende Bedingung für die Evolution beziehungsweise frühe Übernahme der Schrift“.
Über Innovationen: “Jeder in der Dritten Welt hat sicher schon einmal die These vernommen, bäuerliche Gesellschaften seien weniger innovationsfreundlich als die Industriegesellschaften des Westens. Selbst innerhalb der Gruppe der Industrieländer begegnet man Neuerungen nicht überall mit gleiher Aufgeschlossenheit. Solche Unterschiede, falls sie denn zwischen den Kontinenten existierten, könnten erklären, warum die technische Entwicklung auf einigen Kontinenten schneller voranschritt als auf anderen. Wenn beispielsweise sämtliche australischen Aborigines-Gesellschaften aus irgendeinem Grund jedem Wandel abhold waren, könnte dies die Erklärung dafür liefern, daß sie weiter Steinwerkzeuge benutzten, als auf allen anderen Kontinenten schon lange Metallwerkzeuge in Gebrauch waren. Wie aber kommt es zur Entstehung derart unterschiedlicher Haltungen von Gesellschaften gegenüber Innovationen? Als Antwort auf diese Frage haben Technikhistoriker bisher mindestens 14 verschiedene Faktoren ins Feld . Einer davon ist die Lebenserwartung, die Erfindern in spe im Prinzip die zum Erwerb umfangreicher technischer Kenntnisse nötige Zeit und Geduld gibt, um sich auf langwierige Projekte, die erst viel später Früchte tragen, einlassen zu können. Die aufgrund des medizinischen Fortschritts in den letzten Jahrhunderten stark gestiegene Lebenserwartung könnte insofern dazu beigetragen haben, den technischen Wandel zu beschleunigen. Die nächsten fünf Faktoren haben mit wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Organisation zu tun: (1) Im klassischen Altertum wirkte billige Sklavenarbeit innovationshemmend, während hohe Lohne beziehungsweise Arbeitskräftemangel in der heutigen Zeit der Suche nach technischen Lösungen Vorschub leisten. So schuf die Ankündigung neuer Einwanderungsgesetze, durch die der Zustrom billiger Saisonarbeiter aus Mexiko nach Kalifornien eingedämmt werden sollte, einen unmittelbaren Anreiz für die Züchtung einer Tomatengattung, die sich maschinell ernten läßt. (2) Das Patentrecht und andere Gesetze zum Schutz des Eigentums an Erfindungen schaffen im Westen einen geistigen Anreiz für Innovationen, während das Fehlen entsprechender Gesetze im modernen China das Gegenteil bewirkt. (3) Moderne Industriegesellschaften bieten ihren Bürgern umfassende technische Ausbildungsmöglichkeiten, wie sie schon im mittelalterlichen Islam bestanden, im modernen Zaire jedoch nicht. (4) Der moderne Kapitalismus ist im Gegensatz zu den Verhältnissen im alten in einer Weise organisiert, daß sich der Kapitaleinsatz im Gegensatz zu den Verhältnissen im alten Rom in der Regel bezahlt macht. (5) Der ausgeprägte Individualismus der amerikanischen Gesellschaft bedingt, daß erfolgreiche Erfinder die Früchte ihres Schaffens selbst ernten können, während die engen Familienbande in Neuguinea dafür sorgen, daß der wirtschaftlich Erfolgreiche bald Dutzende von Familienangehörigen um sich versammelt findet, die unter seinem Dach leben und von ihm versorgt werden wollen. Die nächsten vier Erklärungsfaktoren sind eher im Bereich der Werte und Einstellungen angesiedelt. (1) Risikobereitschaft, für Innovationen von entscheidender Bedeutung, ist in einigen Gesellschaften verbreiteter als in anderen. (2) Die wissenschaftlich orientierte Denkweise ist ein einzigartiges Merkmal der europäischen Kultur seit der Renaissance und hat wesentlichen Anteil an der Entstehung der technischen Vorreiterrolle der Gesellschaften des Westens. (3) Der tolerante Umgang mit abweichenden Meinungen und Ansichten schafft einen günstigen Nährboden für Innovationen, während eine traditionsverhaftete Denkweise (wie in China, wo die Werke der alten Klassiker stets als Maß aller Dingel galten) dazu tendiert, Innovationen im Keim zu ersticken. (4) Religionen unterscheiden sich erheblich in ihrer Einstellung zum technischen Wandel. Während einige Richtungen des Judaismus und des Christentums als besonders fortschrittsfreundlich gelten, wird über manche Richtungen des Islam, Hinduismus und Brahmanismus das Gegenteil behauptet. Alle zehn bisher genannten Hypothesen sind auf ihre Weise plausibel. Bei keiner spielt jedoch die Geographie zwangsläuhg eine Rolle”.
Zur Rolle der Geografie bei der Verbreitung von Innovationen: “Je nach geographischer Lage unterscheiden sich Gesellschaften auch darin, wie leicht sie Techniken fremder Herkunft durch Diffusion empfangen können. Von allen Völkern am stärksten isoliert waren in der jüngeren Vergangenheit die tasmanischen Aborigines, die auf einer Insel gut 150 Kilometer vor Australien, dem abgelegensten der Kontinente, lebten und keine seetüchtigen Schiffe besaßen. Die Tasmanier hatten 10000 Jahre lang keinen Kontakt zu anderen Gesellschaften und erwarben neben den von ihnen selbst entwickelten Techniken keine weiteren von außen. Nach Australien und Neuguinea, vom asiatischen Festland durch den indonesischen Archipel getrennt, floß nur ein spärlicher Strom von Erfindungen aus Asien. Vom Prozeß der Diffusion profitierten jene Gesellschaften am stärksten, die auf den großen Kontinenten angesiedelt waren. In ihnen verlief der technische Fortschritt am schnellsten, weil sie nicht nur eigene Erfindungen ansammelten, sondern auch solche aus anderen Gesellschaften. So gelangte der mittelalterliche Islam aufgrund seiner zentralen Lage in Eurasien in den Besitz von Erfindungen aus Indien und China sowie des geistigen Erbes der alten Griechen. Welche Bedeutung dem Prozeß der Diffusion und der geographischen Lage, die ihn ermöglicht zukommt, wird auf verblüffende Weise durch einige anders nicht zu begreifende Fälle demonstriert, bei denen Gesellschaften Techniken mit hohem Nutzwert den Rücken kehrten. … Ein berühmtes Beispiel ist die Abkehr der Japaner vom Gewehr. Schußwaffen gelangten erstmals im Jahr 1543 nach Japan, als zwei mit Hakenbüchsen (primitiven Gewehren) bewaffnete portugiesische Abenteurer an Bord eines chinesischen Frachtschiffs eintrafen. Die Japaner waren von der neuen Waffe derart beeindruckt, daß es nicht lange dauerte, bis sie selbst Gewehre produzierten. Obendrein verbesserten sie die Funktionalität der Schießeisen deutlich, so daß Japan um 1600 n. Chr. mit besseren und einer größeren Zahl von Gewehren gerüstet war als jedes andere Land der Welt. Doch es gab innerhalb der japanischen Gesellschaft auch Krälte Akzeptanz von Schußwaffen im Wege standen. Das Land besaß eine zahlenmäßig starke Klasse von Kriegern, den Samural, denen Schwerter als Symbole ihres Standes und als Kunstwerke galten (und als Mittel zum Unterjochen der niederen Klassen dienten). Im Mittelpunkt der Kriegführung hatten in Japan bis dahin Mann-gegen-Mann-Kämpfe zwischen schwertfechtenden Samurai gestanden, die auf offenem Feld rituelle und hernach ihren Reden hielten ganzen Stolz dareinsetzten, graziös zu kämpfen. Dieses traditionelle Vorgehen wurde in Gegenwart gemeiner Soldaten, die ganz ungraziös mit Gewehren herumballerten, rasch lebensgefährlich“.
Die Quintessenz: “Unter sonst gleichen Umständen entwickelt sich die Technik somit in großen, fruchtbaren und bevölkerungsreichen Regionen mit einer Vielzahl potentieller Erfinder und etlicher konkurrierender Gesellschaften am schnellten”. Die Evolution der Technik konnte durch den Faktor der geografischen Geschlossenheit positiv, aber auch negativ beeinflusst werden. “Chinas geografische Geschlossenheit erwies sich im Laufe der Zeit .. als Nachteil, da die Entscheidung eines einzigen Tyrannen Innovationen stoppen konnte. Europas geografische Balkanisierung führte demgegenüber zur Entstehung Dutzender oder sogar Hunderter unabhängiger, miteinander konkurrierender Kleinstaaten und potenziellen Zentren von Innovation. Ging ein Staat einer bestimmten Neuerung nicht weiter nach, tat es mit Sicherheit ein anderer und zwang seine Nachbarn, es ihm gleich zu tun, wollten sie nicht militärisch erobert oder wirtschaftlich abgehängt werden. Europas Barrieren waren hoch genug, um eine politische Vereinigung zu verhindern, aber zu niedrig, um die Ausbreitung neuer Techniken und Ideen zu stoppen”