Während Trumpf einen dramatischen Gewinneinbruch von 88 Prozent verzeichnet, inszeniert der angeschlagene Mittelständler seinen Einstieg in die Rüstungstechnologie. Doch hinter der Drohnenabwehr-Partnerschaft mit Rohde & Schwarz verbirgt sich weniger ein wirtschaftlicher Befreiungsschlag als vielmehr ein vertrautes Muster: Große PR-Auftritte und Forschungsankündigungen sollen über strukturelle Schwäche hinwegtäuschen. Eine peinliche Aufführung.  


Die Krise hinter der Kulisse

Die Zahlen sind eindeutig und brutal. Trumpf, einst Vorzeigeunternehmen deutscher Lasertechnologie, steckt in der tiefsten Krise seiner jüngeren Geschichte. Der Umsatz brach im Geschäftsjahr 2024/25 um 16 Prozent auf 4,3 Milliarden Euro ein. Noch dramatischer der operative Gewinn: Das EBIT kollabierte von 501 Millionen auf magere 59 Millionen Euro – ein Einbruch um 88 Prozent. Am Ende steht ein Jahresverlust von 23,4 Millionen Euro, nach einem Gewinn von fast 393 Millionen im Vorjahr.

Die Reaktionen des Managements lesen sich wie das Krisenhandbuch eines angeschlagenen Mittelständlers: Stellenabbau im dreistelligen Bereich, Kurzarbeit, gestrichene Mitarbeiterboni. Die Prognose? Verhaltener Optimismus für 2026 – vielleicht. Die Gegenwart hingegen ist geprägt von Produktionskürzungen und schwindendem Auftragseingang, der um weitere sieben Prozent zurückging.

Der perfekt getimte Ablenkungsmanöver

In genau diese Phase wirtschaftlicher Anspannung fällt die medial inszenierte Ankündigung: Trumpf steigt zusammen mit Rohde & Schwarz in die Drohnenabwehr ein. Laserbasierte Waffensysteme gegen unbemannte Flugobjekte – klingt nach Innovation, nach Zukunft, nach sicherheitspolitischer Relevanz in Zeiten geopolitischer Umbrüche. Der Zeitpunkt könnte kaum symbolischer sein: Binnen weniger Tage folgt auf die Verlustmeldung die Rüstungsankündigung.

Doch ein nüchterner Blick offenbart die Grenzen dieser Inszenierung. Es gibt keine Großaufträge, keine festen Beschaffungszusagen der Bundeswehr oder NATO, kein marktreifers Produkt. Technologisch bewegt sich Trumpf in einem Feld, das Unternehmen wie Rheinmetall oder MBDA seit Jahren beackern. Was hier als industrieller Wendepunkt verkauft wird, ist im Kern die Neuverpackung bestehender Lasertechnologie in einem sicherheitspolitisch aufgeladenen Narrativ.

Das vertraute Muster: Forschung als Ersatzhandlung

Trumpfs jüngster Schritt reiht sich nahtlos in ein bekanntes Muster ein. Über Jahre hinweg hat das Unternehmen medienwirksam Forschungsinitiativen lanciert – EUV-Laser für die Halbleiterindustrie, Quantenoptik, Spitzentechnologie an der Grenze des physikalisch Machbaren. Die Forschungsquote liegt bei über 13 Prozent des Umsatzes, ein beeindruckender Wert, der Innovationskraft signalisiert.

Doch während die F&E-Budgets wuchsen, erodierten die Margen. Die wissenschaftliche Kompetenz ist unbestritten, die ökonomische Tragfähigkeit jedoch zunehmend fraglich. Trumpf entwickelt sich zum Prestige-getriebenen Forschungsbetrieb: viel Symbolik, hohe Reputation in Fachkreisen, aber kaum belastbare Erträge jenseits einiger Spezialanwendungen. Die Langfristigkeit vieler Projekte verschleiert dabei oft, dass kurzfristig wenig Verwertbares entsteht.

Mittelständler mit Hybris

Die Selbstwahrnehmung vieler deutscher Technologieunternehmen schwankt zwischen berechtigtem Stolz auf Ingenieurskunst und Größenwahn. Trumpf ist trotz seiner technologischen Exzellenz kein Global Player im Sinne eines Siemens oder Volkswagen. Es bleibt ein gehobener Mittelständler, verwundbar gegenüber Konjunkturzyklen und branchenspezifischen Krisen in der Werkzeugmaschinen- und Lasertechnologie. So bedauerlich das auch für die Region um Ditzingen wäre, ein Marktaustritt von Trumpf hätte auf das Land nur einen marginalen Effekt – und das auch nur für einen bestimmten, überschaubaren Zeitraum. Es sind schon größere und erfolgreichere Unternehmen von der Bühne abgetreten.

Der Rückgriff auf ein „defensiv“ etikettiertes Rüstungssegment dient in diesem Kontext weniger als Wachstumsmotor denn als kommunikative Strategie. Die Botschaft nach außen – technologische Wehrhaftigkeit, Verantwortung in Krisenzeiten, Innovationsführerschaft – soll die Erzählung vom „verantwortlichen Hightech-Unternehmen“ stabilisieren. Nach innen legitimiert sie hohe Forschungsausgaben und verschafft Zeit, während die eigentliche Sanierung noch auf sich warten lässt.

Forschung als Fassade

Was hier sichtbar wird, ist eine gefährliche Dynamik: Forschungsankündigungen werden zur Ersatzhandlung für wirtschaftlichen Erfolg. Statt eines tragfähigen Turnarounds liefert das Management Prestige-Projekte, die in Zukunft – irgendwann, vielleicht – Früchte tragen könnten. Die Drohnenabwehr-Partnerschaft mag technologisch spannend sein, sie ist aber weder volumenmäßig noch zeitlich geeignet, die aktuellen strukturellen Probleme zu lösen.

Es ist Industrie-Theater: ein aufwendig inszeniertes Schauspiel, das Handlungsfähigkeit simuliert, während die realen Zahlen eine andere Geschichte erzählen. Die Hoffnung ruht darauf, dass neue Fördermittel, Forschungsbudgets und militärische Beschaffungsprogramme erschlossen werden können. Doch zwischen dieser Hoffnung und belastbaren Aufträgen klafft eine Lücke, die vorläufig nur durch Kommunikation überbrückt wird.

Fazit: Symbol statt Substanz

Trumpfs Einstieg in die Rüstungstechnologie ist symptomatisch für ein Unternehmen, das seine technologische Brillanz mit wirtschaftlicher Orientierungslosigkeit kombiniert. Statt sich auf profitables Kerngeschäft zu konzentrieren und die Krise mit klaren Sparmaßnahmen und Marktkonsolidierung anzugehen, wird die nächste Zukunftsvision bemüht.

Die jüngsten Ankündigungen mögen politisch opportun und medial wirksam sein – ökonomisch bleiben sie vorerst Symbol ohne Substanz. Solange keine belastbaren Aufträge folgen, bleibt der „Rüstungseinstieg“ das, was er ist: ein kommunikativer Versuch, Zeit zu kaufen und ein positives Narrativ zu schaffen, während die eigentliche Sanierung noch aussteht. Trumpf inszeniert Fortschritt, wo Konsolidierung nötig wäre. Das mag kurzfristig die Schlagzeilen bestimmen – langfristig entscheiden aber Bilanzen, nicht Pressemitteilungen.

Einfach nur noch peinlich. Wenn es doch wenigstens eine gute Show wäre.


Quellen:

Trumpf offen für Rüstungsindustrie: Laser-Produzent schafft Rahmen für Geschäfte

Trumpf kämpft mit Herausforderungen im Maschinenbau

Trumpf: Aufstieg und Niedergang eines deutschen Maschinenbau-Champions