Kernreaktoren, Tiefseebohrplattformen, Abschreckungsinfrastrukturen – all dies sind komplexe und gewaltige Technologien, die das Potenzial haben, katastrophal zu versagen. In seinem Buch Rational Accidents (Rationale Unfälle) skizziert John Downer eine neue Perspektive auf technologisches Versagen. Er argumentiert, dass selbst in den strengsten und “rationalsten” Bewertungen dieser Systeme aufgrund der inhärenten Grenzen technischer Tests und Modelle unerkennbare Fehler lauern können. Downer stellt fest, dass es aus erkenntnistheoretischer Sicht unmöglich sein dürfte, die nahezu perfekte Zuverlässigkeit zu erreichen, die wir von unseren sicherheitskritischsten Technologien verlangen. Es gibt jedoch eine solche Technologie, die nachweislich diese “unmögliche” Zuverlässigkeit erreicht: Düsenflugzeuge.
Downer befasst sich eingehend mit der zivilen Luftfahrt und damit, wie sie mit dem Problem des Versagens umgegangen ist. Er stellt fest, dass die Art und Weise, wie wir uns die Zuverlässigkeit von Verkehrsflugzeugen vorstellen, die tatsächlichen Praktiken verschleiert, mit denen sie erreicht wird. Und er zeigt uns, warum diese Praktiken viel weniger auf andere Technologiebereiche übertragbar sind, als man uns glauben machen will. Wenn wir verstehen, warum Verkehrsflugzeuge nicht abstürzen, so seine Schlussfolgerung, sollten wir an der Sicherheit anderer “ultrazuverlässiger” Technologien zweifeln.
Rational Accidents ist eine einzigartige und ernüchternde Untersuchung der technologischen Zuverlässigkeit aus einer STS-Perspektive und eine unverzichtbare Lektüre, um zu verstehen, warum unsere sicherheitskritischsten Technologien noch gefährlicher sind, als wir glauben.
Quelle: Rational Accidents. Reckoning with Catastrophic Technologies
Weitere Informationen:
CHARACTERISTICS OF CRITICAL INCIDENTS IN DYNAMIC POSITIONING
Rationalität ist jedoch eine Conditio sine qua non, mit der sich Unternehmen nach innen und außen darzustellen versuchen. Das implizite Motto von Organisationen scheint oft zu sein: Lieber eine eigentlich pathologische Fassade von Rationalität wahren, als gesunde Irrationalität einzugestehen[1]Niklas Luhmann in: Organisation und Entscheidung
Die Technik hat keine Grenzen, sie ist eine Grenze; und sie mag letztlich nicht an der Natur, sondern an sich selber scheitern. Das muss jedoch nicht untergangspessimistisch verstanden werden. Man könnte genausogut sagen: die Technik kann sich nur selber helfen, und die erkennbare Tendenz lässt dafür mehr Risiken und Chancen erkennen. … Der Versuch, sich gegen Risiken der Technik durch Technik zu schützen, stößt offenbar an Schranken. …[2]Niklas Luhmann in: Soziologie des Risikos
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