Dieser Beitrag analysiert Deutschlands exportorientiertes Wachstumsmodell in den Jahren 1991 bis 2019. Er richtet sich speziell an Leserinnen und Leser mit Interesse an politökono- mischen Problemstellungen, aber ohne spezielle Vorkenntnisse über Forschungsansätze der

Vergleichenden Politischen Ökonomie. Wirtschaftspolitik bewegt sich in einem Zielkonflikt zwischen Binnenstabilisierung und Exportförderung. Das deutsche Wirtscha swachstum wurde im untersuchten Zeitraum vor allem von der Auslandsnachfrage getragen, was auf eine ungewöhnliche Kalibrierung der wirtschaftspolitischen Parameter hindeutet. Diese Ausrichtung wird in drei Sphären analysiert: in der Fiskal- und Geldpolitik, der Lohnpolitik und im Finanz-Wohnbau-Komplex. Das Wachstumsmodell hatte zwei formative Phasen, eine nach dem Ende des Wiedervereinigungsbooms und eine während der ersten ungefähr sechs bis acht Jahre nach der Eurogründung. Eine zurückhaltende Fiskalpolitik, ein ge- dämp es Lohnwachstum und eine konservative Kredit- und Wohnungsbaupolitik hemmten das Binnenwachstum und die Preisau riebe, verscha en dem Exportsektor vor dem Hintergrund einer preiselastischen Nachfrage nach deutschen Exportgütern aber Wettbe- werbsvorteile. Zum Ende des Analysezeitraums wich die extreme Exportorientierung ei- nem stärker ausbalancierten Wachstumsmodell. Der Beitrag schließt mit einem Ausblick auf mögliche zukün ige Entwicklungspfade.

Quelle: Das deutsche Wachstumsmodell, 1991–2019. (MPIfG Discussion Paper 22/9)