Von Ralf Keuper 

Was die Problematik von Prognosen in der Wirtschaft und an den Finanzmärkten betrifft, kann vielleicht ein Blick in die jüngere Vergangenheit nicht schaden. So so setzte sich Christian Meier 1996 in seinem Buch Lehren aus Verlusten im Kreditgeschäft Schweiz u.a. mit der Frage auseinander, warum sich Krisen im Kreditgeschäft wiederholen.

Fehlentwicklungen im Kreditgeschäft scheinen immer wieder nach einem ähnlichen Muster zu verlaufen. In einer Studie des Centre for the study of financial innovation bedauern britische Bankiers, dass der Herdentrieb der Branche und die mangelhafte Bereitschaft zu einer strikten Kreditkontrolle immer wieder zu Krisen führte. Die Banken würden lieber den gleichen Fehler wie alle anderen machen, anstatt das Risiko selbständiger Entscheidungen und eigener Fehler einzugehen.

Von der Kreditkrise zum Kreditboom und wieder zurück:

Der Zyklus von der Kreditkrise zum Kreditboom lässt sich wie folgt skizzieren: Im Anschluss an eine Phase hoher Kreditverluste besinnen sich die Banken auf die bewährten Grundsätze der Kreditvergabe und stellen “als gebrannte Kinder” wieder höhere Anforderungen an die Bonität ihrer Kreditnehmer. Nachdem der Wirtschaftsaufschwung eingesetzt hat, entsteht aber unter den Banken schon bald ein neuer Kampf um Marktanteile. Um Geschäfte abschließen zu können, werden geringere Zinsmargen und längere Kreditlaufzeiten in Kauf genommen, und die Banken zeigen eine zunehmende Bereitschaft, höhere Risiken einzugehen. Je länger der Wirtschaftsaufschwung dauert, desto mehr rückt das Volumendenken wieder in den Vordergrund. Die Banken lassen sich dabei von den kurzfristigen Gewinnaussichten blenden und die internen Kontrollen werden gelockert, da diese immer mehr das Neugeschäft zu blockieren beginnen. Das in der Aufschwungphase entstehende Sicherheitsgefühl verleitet die Bankiers zu einer gewissen Sorglosigkeit und zu einer neuerlichen Abkehr von kreditpolitischen Grundsätzen. Beim Einsetzen der nächsten Rezession werden dann die vergangenen Sünden abermals sichtbar und führen zu einer weiteren Welle von Kreditverlusten, womit der Zyklus von neuem beginnt.

Da kann man nur hoffen, dass Karl Popper mit seiner Aussage, dass die Geschichte sich nicht wiederholt, letztlich doch noch Recht behalten wird;-)))

Weiterhin schreibt Christian Meier:

Typische Fehler in komplexen Situationen: Bei einer Generalisierung (Hume´s Induktion) wird von Teilinformationen auf das Ganze geschlossen, ohne die Schlussfolgerungen an der Realität zu überprüfen. Solche Abstraktionssprünge weisen oft einen axiomatischen Charakter auf, indem komplexe Sachverhalte auf einfache Formeln gebracht werden: Umsatzsteigerungen werden mit einer Erhöhung der Liquidität und der Rentabilität gleichgesetzt; hypothekarisch gedeckte Kredite werden automatisch als weniger risikobehaftet angesehen; aus dem hervorragenden Handwerker wird ein rundum großartiger Unternehmer “gemacht”; Annahmen über die Kunden oder seine wirtschaftliche Entwicklung werden als Tatsachen hingestellt. Auf diese Weise wird das Endresultat der Kreditanalyse von Einzelfaktoren dominiert, welchen im Gesamtkontext nur eine untergeordnete Bedeutung zukommt. Aus der positiven oder negativen Beurteilung eines Details wird auf den Risikogehalt des Kredits als Ganzes geschlossen, obwohl man von wenigen Kriterien abstrahiert hat.

 

Ein Gedanke zu „Warum sich Krisen im Kreditgeschäft wiederholen“

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